Narbenrisse beim Durchstreifen jener Hügellandschaft
[…] Streifzüge durch das Spinnbahngeviert, die geliebte Hellwiese mit dem Pappelsaum, nach Altendorf, in die Wiesen und Felder der Pleißenauen, nach den Paditzer Schanzen, – gebrochener Stein, See, Eichen –, zur Fasanerie, nach Schloß Gnandstein, in den Streitwald. Wälder und Wäldchen. Diese uralte Fremdheit; das Draußen als Unendlichkeit, anziehend und abstoßend zugleich. Ferngehaltensein, ein Nichtzugehörigkeitsgefühl, das Andersartige als verwandelndes Arkanum, ambivalent. Beobachtungen im Hügelgau, Altenbourgs Revier. Hier meditative Versuche über landschaftliche Formen. Rieseln der Erde, Wachsen und Werden. Jahreszeitenschau: Ufer, Fels, Hügel, Gras, Wind. Wenn des Nachmittags Hitze siedet in den Thoraxorganen. Farben: Blau und verschiedene Brauntönungen. Landschaften als Gehirnbau.
Im Braugartenweg: Haus hinter Gewächsen. Rhododendron, Azaleen, Koniferen. Dies Haus als Aufgabe. Farben: weiß, kupfer, messing. Gestaltwerden von Vorstellungen. Verwirklichung meiner selbst.
Dies Besessensein von Gestaltung und Vergängnis, dort sind die Mauerrisse und das Wiehern der Nacht. Das Näseln der Bedrängnis. Spannung, Zerreißprobe. Ausgespannt zwischen den Polen, zwischen Arkadien und den umtobten Klippen, die das Scheitern signalisieren; zwischen den Schauern des Verbrechens, vor dem Grinsen der Zerstörung. In Schaudern: Schreie, Verlöschen. Strahlendes Licht.
Juni 1969
Gerhard Altenbourg in: Brusberg Dokumente 15. Werkverzeichnis
1947 bis 1969, Verlag der Edition Brusberg, Hannover 1969