Die Metalle

Vater und Sohn, 1980
Vater und Sohn, 1980
Messingguss, 8,6 x 18,2 x 5,1 cm
(nach 57/13, Kirschbaumholzskulptur, 1957)
Lindenau-Museum Altenburg
Vogel, 1957
Vogel, 1957
57/17, Messing, Kupfer, 21,0 x 31,5 x 13,2 cm
Lindenau-Museum Altenburg
Die Hörner, 1972
Die Hörner, 1972
72/39, Eisen, geschmiedet, 40,0 x 11,0 x 5,8 cm
Lindenau-Museum Altenburg
Die Schlange, 1973
Die Schlange, 1973
73/13, Kupfer, Messing, 3,7 x 5,7 cm
Privatbesitz, Düsseldorf

[…] einen großen Teil aller plastischen Werke hat Altenbourg für das Altenburger Haus konzipiert und fest einbauen lassen in seine Raumgestaltung. Auch dem Besucher, der eine eingehendere Besichtigung gewagt hätte, wäre Manches nicht zu Gesicht gekommen. Denn Altenbourg war ein Verschwender wie alle großen Künstler. Unaufhörlich sprudelte die Quelle seiner Phantasie, so daß er auch dort seine Einfälle anbrachte, wo sie außer ihm niemand bemerken würde. In seinen eigenen vier Wänden hat er seiner Lust am Fabulieren nach Herzenslust frönen können. Sonst hat ihm niemand eine größere innenarchitektonische Aufgabe angetragen. Den Vorschlag, eine Bühnendekoration für die Deutsche Staatsoper in Berlin zu entwerfen, den ihm Fritz Löffler im Auftrag von Otmar Suitner überbrachte, hat er nicht angenommen.
Es scheint, als ob Altenbourg alle Arbeiten in Metall am liebsten immer um sich behalten hätte, auch die in mehreren Exemplaren ausgeführten Figuren „Vogel“, „Schwanenhand“ und „Die Hörner“. Er stellte sie als Gruppen zusammen, bei der „Vogel-Phalanx“ wurden drei auf einer Standplatte befestigt.
Er gab seine Plastiken nur nach einigem Zögern aus der Hand. Bei den Schmuckstücken ging er natürlich nicht so weit wie Cardillac, der sie zurückrauben mußte, jedoch überlegte er lange, welchem weiblichen Wesen er sie überließ und in welche Umgebung sie kamen. Er liebte es, sich vorzustellen, daß sie in anderen Sammlungen in guter Nachbarschaft zu den Werken von anderen Bildhauern stehen würden, so wie sie sich in seinem Haus neben Plastiken von Hermann Glöckner, Erich Dietz, Hans Mettel, Fritz Wotruba, Rudolf Hoflehner, Rolf Szymanski, Werner Stötzer und Jürgen Brodwolf behaupten mußten.
Wenn man nun nachforscht, wann die erste intensivere Information über Plastik oder Kleinkunst in Metall erfolgt sein könnte, so gelangt man unweigerlich weit zurück bis in Altenbourgs Studienzeit Ende der vierziger Jahre in Weimar, als er – hungrig wie ein Wolf auf geistige Nahrung – den Fundus an Wissen aufzubauen begann, auf dem seine spätere Entwicklung gegründet war. Die Weimarer Sammlungen und Bibliotheken waren reich an Zeugnissen aus vielen Ländern und Jahrhunderten. Nur über die Zeit vor 1933, die Altenbourg besonders interessierte, über das Wirken von Henry van de Velde und des Bauhauses in Weimar gab es wenige Veröffentlichungen, weil viele Künstler verfemt gewesen waren wegen der Nazizeit. Über Aktenstudien und mündliche Überlieferung konnte diese Lücke ausgefüllt werden. Altenbourg hatte eine Nase im Aufspüren von Zeitzeugen, die genau das berichten konnten, was er wissen wollte, um sich Leben und Arbeit der Künstler in vergangenen Zeiten deutlich vorstellen zu können. So lernte er auch auf einer seiner Fahrten von Altenburg nach Weimar Walter Seyffart kennen, den Inhaber der seit 1851 in Altenburg bestehenden „Werkstätten für kunsthandwerkliche Metallarbeiten“, die unter anderem mit der Firmierung „Otto Seyffart“ für van de Velde und Vogeler gearbeitet hatten. Gedruckte und ungedruckte Musterbücher waren erhalten, Kästen mit Mustern stapelten sich auf Regalen vom Boden bis zur Decke. Seyffart fuhr nach Weimar, weil er den Auftrag hatte, Türklinken für das Goethehaus nachzugießen, das aus Anlaß des Goethejahres 1949 wieder aufgebaut wurde. Man erinnere sich, damals kam Thomas Mann das erste Mal wieder nach Europa und auch nach Frankfurt und Weimar! […]
Er hat sich [für die Metalle] handwerklich geschickte und gelernte Mitarbeiter gesucht. Dietrich Wöllner hat die „Freunde“ geschmiedet, der Schlossermeister Fritz Haase mit seinen Gehilfen fertigte die Gitter und die verkleideten Türen. Von Hans-Jürgen Sell ist die „Eva“ an der Fassade des Hauses. Er erinnert sich, daß er mit der vier Meter langen Figur die ganze Haase’sche Werkstatt blockierte. Gerd Rackete schuf zwischen 1968 und 1970 die großen getriebenen Reliefs aus Kupfer und Messing mit der feinen Markierung der Hammerschläge, die Beschläge auf einigen Schränken und die zehn Reliefs auf den Mappen der Vorzugsausgabe von Bobrowski „Über dem Strom ein Gezweig“. Seit 1973 übernahm Ulrich Schlegel fast alle Arbeiten. Von seiner Hand sind die überlebensgroßen stehenden Figuren neben den Türen und vor allem die vielen kleinen Reliefs, die als Schmuckstücke gedacht waren. Für die Fensterrahmen arbeitete er viele Beschläge. Auch einige der Schlüsselköpfe. Schließlich ließ Altenbourg gelegentlich von Roland Löpitz kleinere Arbeiten ausführen, z.B. Kappen für die Schlüssellöcher, oder er ließ verrostete und beschädigte Metallteile in haltbarem Material ersetzen. Über die geplanten Arbeiten sind in der Handschrift Altenbourgs mehrere Blätter mit Notizen erhalten. […]

Annegret Janda in der Einführung des von ihr bearbeiteten Werkverzeichnisses „Altenbourg. Die Metalle“, erschienen zur Ausstellung „– sah ichs wie Feuer glänzen um und um –“ im Museum für Kunsthandwerk/Grassimuseum Leipzig, 1994

Das Logo der Gerhard Altenbourg Gesellschaft zeigt das Relief auf dem Deckel der Mappe Nr. 5 der zehn Vorzugsausgaben des Mappenwerkes „Über dem Strom ein Gezweig. Altenbourg. Blätter zu Bobrowski“, Lindenau-Museum Altenburg

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